Und es gibt bereits konkrete Hilfestellungen. Unternehmen und deren Angestellte möchten sich nicht dem Verdacht der Bestechlichkeit oder Bestechung bzw. der Vorteilsannahme oder Vorteilsgewährung aussetzen, wenn sie teure Karten anbieten oder eine Einladung eines Geschäftspartners in eine angemietete Stadion-Loge annehmen. Dies führt teilweise zu Schwierigkeiten bei der Vermarktung von VIP-Logen und Business-Seats. Da die derzeit bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen Interpretationsspielräume lassen und das BGH-Urteil im Fall „Utz Claassen“ von 2008 nicht die erhoffte Rechtssicherheit schuf, stehen Vereine, Sponsoren und Unternehmen vor vielfältigen Fragestellungen und die Orientierung in der Praxis fällt den Verantwortlichen oft nicht leicht. Aus diesem Grund hat der Bildungsanbieter IST Studieninstitut eine Informationsveranstaltung zu dieser Thematik ins Leben gerufen – gemeinsam mit den Partnern S20, der Interessenvertretung namhafter Sponsoren Deutschlands, dem DFB und der in der IPD zusammengeschlossenen Profiligen DFL, DEL, DKB HBL und BEKO BBL. Ziel der Veranstaltung am 08.11.2012 in der Telekom Lounge der Allianz Arena in München war es, einen Beitrag zur Aufklärung zur sogenannten „Compliance-Problematik bei Einladungen zu (Sport-) Veranstaltungen“ zu liefern und Vereinen, Sponsoren und Unternehmen konkrete Hilfestellungen an die Hand zu geben.
Kommunikation und Transparenz
Zwei jüngst veröffentlichte Zahlen verdeutlichen die Problematik: Zwar sind nur sechs Prozent der Bundesliga-Tickets Business- und Hospitality-Tickets, aber diese machen 52 Prozent der Einnahmen aus. Ein Einbruch kann hier weitreichende Folgen haben, auf die Andreas Jung von Bayern München hinwies: „Fehlende Einnahmen aus Hospitality-Tickets könnten gerade bei kleineren Vereinen und Sportarten auch zu teureren Ticketpreisen für alle Stadionbesucher führen. Dass es eine Unsicherheit bei möglichen Logen-Mietern gibt, konnte Dr. Alexander von Saucken berichten: „In unserer Rechtsanwaltskanzlei bekommen wir eine massive Verunsicherung gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen mit. Ein Pharmaunternehmen ist zum Beispiel ganz ausgestiegen, weil sie sagen, sie machen so etwas jetzt aus Prinzip gar nicht mehr.“ Aus seiner Sicht der falsche Weg. „Es gibt nun mal nicht nur Gespräche am Konferenztisch, sondern auch mal bei einem Bierchen. Dass dies im Rahmen des gesetzlich Zulässigen auch weiterhin möglich sein soll, wollten wir dann auch selbst zeigen.“ Seit Saisonbeginn hat Roxin Rechtsanwälte LLP eine Loge bei Bayern München gemietet. Die Kommunikation mit eingeladenen Partnern hält von Saucken dabei für wichtig. Aber: „Was bringt dem Adressaten die Einladung, wenn er sich dabei unwohl fühlt?“ Auch auf die Vermarkter von Sportrechten hat die Thematik Auswirkungen, wie Arndt Jaworski von der UFA, die auch Hospitality-Pakete etwa für die WM 2014 vertreibt, berichtete. Allerdings nicht in spürbar gesunkenen Verkaufszahlen: „Neben der aktuellen Hospitality-Vermarktung hat mittlerweile die transparente Aufklärung und professionelle Begleitung unserer Kunden zum Thema Compliance Priorität.“ Wenn erforderlich erarbeitet UFA mit juristischer Unterstützung allgemeine oder individuelle Compliance-Anleitungen die eine bedenkenlose Nutzung von Hospitality ermöglichen. „Das Thema Compliance ist in jedem Fall mit den Kunden und Rechtsanwälten lösbar“, glaubt Jaworski – wie die anderen Diskussionsteilnehmer auch. Grundsätzlich sollten – da war sich die Runde einig – Einladungen immer nachvollziehbar und vor allem transparent sein. Wer offen damit umgeht, gibt auch keinen Anlass anzunehmen, er hätte etwas womöglich Unrechtes zu verbergen.
• Einladungen sollten zum Beispiel immer an die Dienstadresse statt an eine private geschickt werden.
• Kundenpflege im Privatsektor sei grundsätzlich in Ordnung, bei konkreten Vergabeverfahren oder bevorstehenden Beschaffungsentscheidungen/Vertragsabschlüssen sollte aber ganz klar von Einladungen abgesehen werden.
Der Politiker in der Runde, Reinhard Grindel, wies noch mal auf eine klare Trennung bei der Thematik hin, und zwar zwischen Amtsträgern und Geschäftspartnern. In den meisten Fällen würde er ganz klar raten: „Lasst die Finger von den Amtsträgern“ – und diese wirklich nur einladen, wenn eine glasklare Genehmigung vorliegt oder der Amtsträger überregionale repräsentative Aufgaben hat. Hier wurde die Anwesenheit des Oberbürgermeisters beim Champions-League Finale in München als Beispiel genannt.
Praktische Tipps für Betroffene
Im Rahmen der Veranstaltung wurde besonders über zwei Schriftstücke gesprochen, die bereits Hilfestellung bei der Problematik geben. So hat zum einen die S20 einen Leitfaden „Hospitality und Strafrecht“ erstellt. „Dieser soll eine Übersicht über die Rechtslage geben, die auch für Laien verständlich ist“ erklärte Flavio Bertoli. „Dazu enthält der Leitfaden auch Szenarien mit positiven und negativen Kriterien, die eine erste Einschätzung ermöglichen, ob eine Einladung problematische Aspekte hat sowie Tipps, wie man eine Einladung in der Praxis umsetzen kann.“
Weiterhin gibt es das Memorandum „Handhabung von Hospitality-Paketen“ des DFB und der DFL, welches ebenfalls umfassend Hilfestellungen gibt. Weit über 90% aller Einladungen seien bei Beachtung der geschilderten Grundsätze bereits heute unproblematisch, so Dr. Holger Blask. Eine klare Vorgabe von Seiten der Staatsanwaltschaft oder gar eine Gesetzesänderung ist eher nicht anzunehmen – trotzdem wünscht sich die Runde nach Möglichkeit eine Präzisierung und Konkretisierung dessen, was im Strafrecht steht sowie das Anstreben einer Wettbewerbsgleichheit auf europäischer Ebene mit einer vergleichsbaren Rechtslage.
Zum Ende der Veranstaltung zog Prof. Dr. Wolter sein beruhigendes Fazit: „Man kann hier vielen Beteiligten die Angst nehmen. Einfach sensibel mit der Situation umgehen, Amtsträger im Zweifel eher nicht einladen und sich ansonsten einfach mal fragen: was will ich damit eigentlich erreichen? Wer seine Sinne beisammen hat, weiß eigentlich ganz klar, was eine Korruptionshandlung ist und was nicht. Und wer sich dann noch an den beiden hervorragenden Schriftstücken – dem S20-Leitfaden und dem DFB/DFL-Memorandum – orientiert, kann eigentlich nicht mehr viel falsch machen.“