Fantasievoll gestalten und handeln durch divergentes Denken

Donnerstag, 14.05.2015
Laut des Psychologen Heinz Schuler zeichnen sich kreative Leistungen durch neuartige und nützliche Lösungen von Problemen aus. Auch die Herleitung des Wortes aus dem Lateinischen „creare“, etwas hervorbringen, erzeugen oder schaffen, lässt darauf schließen, dass Kreativität mit dem Schaffen von etwas Neuem einhergeht. Forscher sehen Kreativität als Charakteristikum des Menschen, als grundlegenden Wesenszug, der bei… Read More »
Ivelin Radkov - Fotolia.com

Laut des Psychologen Heinz Schuler zeichnen sich kreative Leistungen durch neuartige und nützliche Lösungen von Problemen aus. Auch die Herleitung des Wortes aus dem Lateinischen „creare“, etwas hervorbringen, erzeugen oder schaffen, lässt darauf schließen, dass Kreativität mit dem Schaffen von etwas Neuem einhergeht. Forscher sehen Kreativität als Charakteristikum des Menschen, als grundlegenden Wesenszug, der bei dem einen stärker, dem anderen schwächer ausgeprägt ist. Wir alle sind also zu kreativen Leistungen fähig. Das beweist nicht zuletzt das nächtliche Träumen. Hier formt das Gehirn aus unseren Erinnerungen und Erlebnissen neue, fremde Welten. Kinder können als Vorbilder für Kreativität gesehen werden. Sie deuten z. B. Spielsachen um – aus einem Bauklotz wird eine Banane, aus einem Kochtopf eine Trommel … . Sigmund Freud erkannte bereits 1908: „Jedes spielende Kind benimmt sich wie ein Dichter, indem es sich eine eigene Welt erschafft.“ Erwachsene kennen jedoch die Bedeutung der Gegenstände und Personen in ihrer Umwelt und nutzen sie deshalb so, wie sie sind – ein Aspekt, der zwar das Überleben und Miteinander sichert, aber Kreativität weitestgehend
ausschließt.

Was macht einen kreativen Menschen aus?
Der US-Psychologe Raymond Cattel fand heraus, dass Menschen, die scheinbar wie auf Knopfdruck Ideen produzieren, zu überdurchschnittlich dominantem, selbstsicherem und neugierigem Verhalten neigen. Auf der anderen Seite sind sie sehr empfindsam, feinfühlig und zartbesaitet. Dazu kommt, dass sie sich oft nur langsam an neue Eindrücke gewöhnen. Kreative ziehen sich mitunter in ihre Gedankenwelt zurück und sinnieren über ihre Ideen. Dies geschieht auch als Schutzreaktion, um neue Reize zu vermeiden. Es ist diese Beharrlichkeit, die Ideen dann reifen lässt. Stärker als andere streben Kreative auch nach Unabhängigkeit, sie sind eigenwilliger und unbeugsamer.

Normen, Regeln und Gesetze werden zuweilen missachtet, mit Tabus und Konventionen wird gebrochen. Gerade die „Spinner“ sind es, die oft außergewöhnlich kreativ sind. Dass das nicht nur vorteilhaft ist, liegt auf der Hand. Denn Menschen, die als außergewöhnlich kreativ gelten, wirken auf ihr Umfeld oft herablassend, egozentrisch, herrisch, zynisch oder feindselig. Auch aus diesem Grund scheitern letztendlich Ideen oft bereits in der Phase der Vermarktung oder machen die Zusammenarbeit mit kreativen Genies manchmal recht schwierig.

Intelligenz + Querdenken = Kreativität
Intelligenz und Kreativität begünstigen sich. Die Chance kreative Lösungen zu denken, steigt demzufolge mit steigender Intelligenz. Ein hoher Intelligenzquotient ist dennoch kein Garant für außergewöhnliche Ideen. Hochintelligente Menschen denken oft analytisch und gelangen durch den Rückgriff auf im Gehirn verankerte Muster und Strategien zur Problemlösung. Um wirklich kreative Ideen zu produzieren, ist es jedoch notwendig die gewohnten Gedankenbahnen zu verlassen. Die Wissenschaftler nennen das divergentes Denken (lat. divergere = auseinanderstreben).

Divergentes Denken beruht auf einer assoziativen Annäherung an die Problemlösung. Emotionen und ungewöhnliche Einfälle sind ein Muss, zensierende Gedanken ein Tabu. Querdenken zeichnet sich durch Flüssigkeit (die Produktion vieler Ideen in kurzer Zeit), Flexibilität (die Produktion möglichst vieler unterschiedlicher Ideen und Originalität) und die Produktion (ausgefallener und überraschender Ideen) aus. Fantasievolle Schaffenskraft bleibt ein Leben lang stabil, die kreative Gabe ebenso. So belegen Studien, dass auch die Best Ager durchaus noch zu höchst kreativen Leistungen fähig sind. Die Herausforderung besteht jedoch darin, dass, je erfahrener ein Mensch ist, das desto mehr sein Denken beeinflusst. Ältere verfallen also eher in gewohnte und bekannte Problemlösungsstrategien als Jüngere. Wie schon erwähnt, ist genau das ein Kreativitäts-Killer.

Fantasievolles Gestalten und Handeln lässt sich nicht trainieren, jedoch fördern. Indem Umgebungen geschaffen werden, die es dem „Grübler“ ermöglichen, seine Gedanken frei zu entfalten und sich von der eigentlichen Aufgabe zu lösen. So wundert es nicht, dass die besten Einfälle scheinbar unter der Dusche oder beim Spazierengehen kommen. Es klingt banal, aber kreative Einfälle entwickeln sich oft von selbst durch Langeweile. (Google räumt seinen Mitarbeitern z. B. einen Tag in der Woche ein, um Ideen zu verfolgen …!)

Kreativitätsmethoden für Innovationen
Es gibt eine Vielzahl von Kreativitätsmethoden, die wohl bekannteste ist das Brainstorming. Viele dieser Methoden fördern zwar den Prozess und helfen mitunter auch viele Ideen in sehr kurzer Zeit zu produzieren, allerdings bleiben wirklich kreative Vorschläge oft aus. Ein Grund dafür ist, dass vor allem die Methoden, die darauf abzielen im Team Ideen zu generieren, dazu führen, dass sich das Team maßgeblich beeinflusst. So werden möglicherweise von vornherein Ideen nicht geäußert aus Angst sich zu blamieren oder eben als „kreativer Spinner“ abgetan zu werden.

Kreativität im Team und der Killer-Faktor Harmonie
Wirklich kreative Einfälle gelingen im Unternehmen im Team. Kreative Teams zeichnen sich durch folgende Charaktere aus: Creator, Owner und Broker. Der Creator ist der wirklich kreative Spinner, der querdenkt und „stört“. Der Owner ist der Wissenseigner, der über das nötige (Fach-)Wissen verfügt. Der Broker kennt die Leute, die etwas wissen, und vermittelt demzufolge. So bringen sie Erregung, Lösungsbildung und Bewertung direkt zusammen und befördern die Erzeugung neuer Muster. Ein Kreativitäts-Killer ist dabei unbedingte Harmonie. Die Projektmitglieder müssen sich aneinander reiben und stören, um die in ihnen selbst verankerten Gedankenbahnen aufzubrechen und neue (Lösungs-) Wege denkbar werden zu lassen.

Kreativität kann demzufolge nur gefördert werden, indem auch Teams so gestaltet sind, dass sie sich produktiv „stören“ und so immer wieder zu neuem Denken anregen. Zudem wirken die Faktoren Zeit und Unabhängigkeit positiv auf kreative Lösungen. Eine Atmosphäre, in der sich die „Grübler“ vom eigentlichen Problem lösen und gewohnte Gedankenwege verlassen können, begünstigt den Prozess. Kreativitätsmethoden können unterstützend wirken, sind aber nur bedingt geeignet, um Neues zu schaffen.

Brainstorming sollte erst dann zum Einsatz kommen, wenn die ersten Ideen verfeinert und ausgearbeitet werden sollen.

Tipp: Wenn das Heureka-Erlebnis ausbleibt, einfach einmal eine Runde spazieren gehen. Sich lösen und inspirieren lassen!

Quellen:
Schuler, H./ Görlich, Y. (2007): Kreativität. Ursachen, Messung,
Förderung und Umsetzung in Innovation. Hogrefe.
Kruse, Peter Prof.: Interview „Über Kreativität“
Weiß, B. (2011): Das Atelier im Kopf. In: GEOkompakt. Nr. 28.